Brett-/Kartenspiel,  Reviews

Review: Tanto Cuore Oktoberfest – Bier, Mädchen, Deckbuilding, passt das?

Der zweite in Deutsch erschienene Teil der Deckbuilding-Serie widmet sich dem Oktoberfest. Neben niedlichen Mädchen im Manga-Stil erwartet die Spielenden auch Bier – nicht nur inhaltlich, sondern auch als neue Spielmechanik. Na dann Prost!

Dieses Spiel wurde uns durch Board Game Box als Demospiel zur Verfügung gestellt. Es gehört zu unserem Fundus an Spielen, welche wir auf Events supporten.

Thematik

Im klassischen Tanto Cuore (hier zur Review) nehmen die Spieler die Rollen der Hausherren ein. Als solche stellt man in Dienstmädchen ein, die das Haus „bevölkern“. Statt eines „Herrschaftshauses“ geht es nun aber zum Bierfest. Statt aber passenderweise vom Festzelt oder ähnlichem zu sprechen, ist weiter die Rede vom „Haus“. Etwas seltsam, dafür aber einheitlich zur Serie.

Innerhalb der Serie stellt Oktoberfest dabei bereits den vierten Teil dar – aufgrund der Thematik hat man sich jedoch entschieden, diesen Teil vor den beiden Vorgängern, Expand the House und Romantic Vacation, zu veröffentlichen.

Neben passenden Illustrationen wie Manga-Mädchen im Dirndl finden sich Bierkarten als neue Kartenart, die je nach Konstellation eine mehr oder weniger starke Rolle spielen. Wer das noch nicht auf Deutsch erschienene Expand the House nicht kennt wird zudem Gebäudekarten als weitere neue Kartenart entdecken. Gegenüber dem ersten Tanto Cuore finden sich in Oktoberfest dagegen jedoch keine „privaten Dienstmädchen“.

Generell gilt bezüglich der Thematik, was auch schon das Grundspiel beschrieb: Die Thematik wird durch Bilder und thematische Bezeichnungen (zum Beispiel „Bedienen“ für „Aktion“ oder „Einstellen“ für „Kauf“) umgesetzt. Tiefergehend wird es nicht – gegenüber der Deckbuilding-Referenz Dominion ist dies dennoch wesentlich mehr stimmige Umsetzung.

Spielmaterial

Wie bei den Vorgängern kommt statt einem Standard-Brettspielkarton eine Art Aufbewahrungsbox für Sammelkarten zum Einsatz, was den Karton sehr platzsparend macht. Passende Trennkarten sind enthalten, Zufallskarten jedoch erneut nicht.

Beispiele für sexualisierte Darstellungen

Insgesamt 301 Karten in Standard-Pokerkartengröße und solider marktüblicher Qualität sind enthalten – 21 mehr als beim ersten Serienteil. Wer niedliche Manga-Mädchen mag, wird die Illustrationen mögen – einer gewisse Sexualisierung sollte man jedoch besser offen gegenüberstehen. Auch wer statt Mädchen lieber Jungs sehen würde wird enttäuscht – aber in einem Spiel, welches von Maids handelt, dürfte dies grundsätzlich auch nicht verwundern.

Spielablauf

Aufbau

Der Aufbau ähnelt dem diverser anderer Deckbuilder, sowie natürlich den anderen Serienteilen. Hauptsächlich bringt man die „Stadt“ (Auslage) auf den Tisch.

Folgende Kartenarten werden dabei in jeder Partie ausgelegt:

  • Liebeskarten: Es werden jeweils Stapel mit 1, 2 und 3 Liebe ausgelegt. Liebe ist bei Tanto Cuore die Währung, mit der wir neue Karten kaufen. Sehr schön: Diese generischen Karten haben ein gemeinsames Artwork, welches sich jedoch je nach Liebeshöhe dezent unterscheidet. Außerdem ist es ein gänzlich anderes Bild als jene in den Vorgängern – jeder Teil hat eine eigene Illustration für die Liebeskarten.
  • Bierkarten: Diese spezifische Kartenart aus 25 Karten bildet einen eigenen Stapel. Eine der Karten liegt immer offen aus – zu Beginn ist dies die Bierkarte „Oktoberfest“. Bierkarten bringen üblicherweise Siegpunkte, allerdings erhöhen sie auch den Alkoholpegel, worauf sich wiederum andere Karten beziehen können.
  • Gebäudekarten: Diese Karten gehen nie ins eigene Deck, sondern direkt ins Privatzimmer (ein separater Spielbereich jedes Spielers für eben jene Karten, die nichts ins Deck gehen oder durch Effekte aus diesem entfernt wurden). Die einzige Gebäudekarte in diesem Set ist das „Bierfest“, welches eine eigene Bierkarte im Privatzimmer abdeckt und damit vor Angriffen anderer Spieler schützt.
  • Ereigniskarten: Statt Krankheiten und schlechten Angewohnheiten (erstes Grundspiel) gibt es hier gleich drei Ereigniskarten, die alle mit eigenen Stapeln ausgelegt werden. Mit „Lass mich trinken!“ kann man eine Bierkarte bei anderen stehlen, mit „Schwerer Sturm“ wird ein Gebäude eines anderen Spielers abgedeckt (wodurch so getan wird, als ob dieses nicht mehr bestehen würde), und mit „Neid“ werden die Einstellungskosten für alle Mädchen um 1 erhöht für den Spieler, der diese Karte bekommt.
  • Das Artwork der Liesbeskarten unterscheidet sich je nach Wert wieder dezent

    Obere Dienstmädchen: Die beiden Oberen Dienstmädchen, Anja und Matilde, werden ebenfalls in eigenen Stapeln ausgelegt. Diese beiden sind vor allem zur Generierung von Siegpunkten gut und entsprechen damit am ehesten den klassischen Punktekarten. Diese beiden beziehungsweise diese Kartenart wird teils auch als „Chefmädchen“ bezeichnet. Schade, denn im englischen Original bezeichnet man diese einheitlich als „Chief Maid“.

  • Einfache Dienstmädchen: Diese entsprechen am ehesten den Aktionskarten bei Dominion und bilden den zufälligen Part beim Aufbau der Stadt. Von den 16 verfügbaren (gleiche Menge wie beim ersten Serienteil) werden 10 ausgelegt. Für das erste Spiel gibt es eine Empfehlung, welche einfachen Dienstmädchen in der Stadt ausgelegt werden sollen.

Die Spieler erhalten zu Beginn 7 Karten mit je 1 Liebe, und 3 Matilde – ganz klassisch, wie bei Dominion. Diese 10 Karten werden zusammengemischt, danach zieht man die obersten 5 als Starthand.

Spielerzug

Auch Tanto Cuore Oktoberfest spielt sich wie die Vorgänger überwiegend sehr ähnlich wie Dominion – weswegen gerade Spieler davon sich schnell zurechtfinden werden. Der grundsätzliche Ablauf ist identisch, wird allerdings durch ein paar Besonderheiten ergänzt (siehe unten).

Der eigene Zug beginnt mit der Startphase, in der Auswirkungen einiger Karte triggern können – dies ist dann auf der jeweiligen Karte vermerkt. Einfacher gesagt: Folgt den Anweisungen auf der Karte.

In der folgenden Bedienungsphase, dem Äquivalent zur Aktionsphase, können wir nun Dienstmädchen(-karten) von der Hand ausspielen und ihre Effekte abhandeln. Generell startet man jede Runde mit nur einem „Bedienen“, was bedeutet: Man kann nur eine Karte dieser Art spielen. Allerdings generieren einige Dienstmädchen weiteres „Bedienen“, wie auch eventuell zusätzliche Karten (die man sofort zieht), Liebe (sprich Währung) und Einstellungen. Dies wird durch Symbole auf den Karten dargestellt.

Anatomie einer Dienstmädchen-Karte:

Oben links stehen die Kosten, um sie einzustellen; mittig ihr Name (und rechts würden etwaige Siegpunkte). Unter der Abbildung finden sich in der Mitte, sofern vorhanden, zusätzliche Effekte und Sonderregeln. Die Symbole links stehen für zusätzliche Karten (oben) und Liebe (unten); rechts für zusätzliches Bedienen (oben) und Einstellen (unten).

Dank Kirika ziehe ich gleich nicht nur zwei Karten – meine drei Matilde sind auch jeweils 1 Liebe wert

Die reinen Währungs-/Liebeskarten müssen nicht gesondert gespielt werden. Diese können in der dritten Phase, der Einstellungsphase, einfach ausgespielt werden. Hier können neue Karten erworben werden – generell jedoch nur eine einzige, sofern man in der vorherigen Phase keine extra Einstellungen erhalten hat. Neu erworbene Karten wandern dabei grundsätzlich auf den Ablagestapel.

Dorthin gehen auch alle gespielten und noch auf der Hand befindlichen Karten in der Ablagephase. Alle nicht verbrauchten Liebe, Einstellungen und Bedienen verfallen und der Zug endet mit dem Ziehen fünf neuer Karten vom Nachziehstapel. Generell gilt, typisch für Deckbuilder: Ist der Nachziehstapel leer, wird der Ablagestapel gemischt und bildet den neuen Nachziehstapel.

Besonderheiten

Soweit wäre der Anime-Deckbuilder nahezu 1:1 wie Dominion – schönerweise wird das Spielprinzip jedoch um einige Besonderheiten ergänzt. Wie im ersten Tanto Cuore, lassen sich einige der Mädchen wieder durch spezifische Aktionen aus dem Deck entfernen und in das separate „Privatzimmer“ schicken. Mädchen, die direkt in diesen Bereich wandern, gibt es jedoch in Oktoberfest nicht.

Beispiele für Bierkarten

Stattdessen gibt es passend zum Thema die Bierkarten, die statt auf den Ablagestapel direkt ins Privatzimmer kommen. Diese kann man jedoch nicht einfach erwerben, sondern nur durch Karteneffekte – von lediglich zwei Karten: Wenn man eine „Nadja“ einstellt, kann man für 1 Liebe eine Bierkarte bekommen; außerdem darf man, nachdem man sie gespielt hat, eine Liebeskarte aus der Hand ablegen und ein Bedienen verbrauchen, um ebenfalls eine Bierkarte zu erhalten. Beim Einstellen von „Gina“ wiederum darf man eine Bierkarte für 2 Liebe erwerben; zudem darf man, wenn man sie ausgespielt hat, in der folgenden Einstellungsphase für 4 Liebe eine Bierkarte kaufen.

Es ist daher unabdinglich, eine der beiden beim Aufbau in die Stadt aufzunehmen, da sonst die spezifischen Effekte des Sets nicht zum Tragen kommen – nicht nur die Bierkarten, sondern auch zwei der drei Ereigniskarten und die Gebäudekarte würden dann keinen spielerischen Sinn mehr ergeben.

Mit der linken Karte kann man Bier stehlen, mit der mittleren kann man dies verhindern – und mit der rechten kann man daswiederum Aufheben

Übrigens kann es passieren, dass man im Bierkartenstapel auch eine etwas andere Karte erwischt – einerseits kann es passieren, dass in der nächsten Runde alle Spielenden Bierkarten kaufen dürfen, andererseits kann es auch sein, dass man seinen Alkoholwert aller gesammelten Bierkarten zusammenrechnen muss, und ab einer gewissen Menge eine zufällige Bierkarte abgeben muss.

Die verschiedenen Arten von Bier im Stapel haben dabei auch eigene Regeln: So ist ein Bock beispielsweise starke 6 Siegpunkte wert – aber 0, wenn man am Spielende zwei oder mehr Oberste Dienstmädchen hat. Weißbier dagegen ist jeweils so viele Siegpunkte wert, wie man Weißbiere besitzt.

Spielende

Wie in den Vorgängern endet das Spiel, sobald zwei Mädchen-Kartenstapel leer sind. Alternativ endet Oktoberfest auch, wenn der Stapel der Bierkarten alle ist. In beiden Fällen führt der aktive Spieler noch seinen aktuellen Zug zu Ende. Danach endet das Spiel und die Siegpunkte auf der Hand, im Deck und im Privatzimmer werden zusammengezählt.

Wer die meisten Siegpunkte hat, hat gewonnen und wird zum „Perfekten Hausherren“ gekrönt.

Daten & Sonstiges

  • Verlag: Board Game Box, Japanime Games und Arclight Games; Board Game Box
  • Autor: Masayuki Kudo (Spieldesign), Daisuke Kobayashi (Chefentwickler)
  • Erscheinungsjahr: 2018 (deutsche Ausgabe), 2016 (Original-Ausgabe)
  • Sprache: Deutsch
  • Spieleranzahl: 2 – 4
  • Alter: 12+
  • Spieldauer: 30 – 60 min
  • Preis: 45,00 EUR

Wie in der Reihe üblich, sind Promokarten erhältlich. Diese sind auch in deutscher Sprache bei Board Game Box erhältlich – beispielsweise an deren Stand auf der SPIEL.

Die deutsche Anleitung ist online als PDF beim Verlag aufrufbar.

Fazit

Die Artworks stammen von unterschiedlichen Künstlern und unterscheiden sich teils sehr deutlich

Tanto Cuore Oktoberfest fängt das Thema – für ein Kartenspiel – überaus gut ein. Nebst passenden Illustrationen machen sich vor allem die Bierkarten stark bemerkbar. Gegenüber den klassischen Punktekarten ist „auf Bier spielen“ meist die bessere Option. Schön, dass wir dabei verschiedene Karten vorfinden sowie Ereignis- und Gebäudekarten auch hierauf abgestimmt sind. Dadurch spielt sich Oktoberfest spürbar anders als das Original – allerdings etwas zulasten der „normalen“ Karten, die in der Bedeutung sinken. Schade ist zudem, dass nur zwei Karten überhaupt den Erwerb von Bierkarten ermöglichen – hier wären mehr Optionen wünschenswert gewesen.

Generell lässt sich das Set natürlich auch mit den Vorgängern kombinieren, was entsprechend neue Kombinationen ermöglicht. Hinsichtlich der geringen Auswahl an Karten zur Varianz (wie im ersten Set sind nur 16 normale Mädchenkarten enthalten, von denen 10 ausgelegt werden) sicher keine schlechte Idee, auch wenn natürlich alleine für sich auch eine gewisse Abwechslung vorhanden ist.

Ein Faible für niedliche Manga-Mädchen sollte natürlich gegeben sein, wie man auch kein Problem mit sexualisierten Darstellungen haben sollte. Die Thematik des Oktoberfests, mit Bier als zentralem Element, ist dafür aber für sich selbst schon kurios und besonders genug (in Verbindung mit dem Manga-Stil), um eine Aufnahme in die eigene Spielesammlung zu rechtfertigen. Dass man damit zugleich auch ein gutes Spiel erhält, kommt noch on top dazu.

Titel-/Artikelbild: Board Game Box
Fotografien: Team Fresssack