Systemvorstellung: Krosmaster Arena – das taktische Spiel mit den süßen Figuren
Mit Krosmaster Arena erschuf Ankama ein turniertaugliches Spiel, welches seit Erscheinen vor über fünf Jahren über die Zeit hinweg viele Erweiterungen und Ableger erhielt. Dazu konnte die Mischung aus taktischem Spiel und süßen Pre-Painted-Chibis viele überzeugen und teils überhaupt erst zum analogen Spielen bringen. Wir schaffen eine Übersicht über das System.
Dieses Spiel wurde privat angeschafft. Es gehört dennoch zu unserem Fundus an Spielen, welche wir auf Events supporten. Demomaterial wurde von der deutschen Community gestellt.
Thematik/Hintergrund
2004 startete das MMO Dofus von Ankama in Frankreich (2007 in deutscher Sprache) und wurde ein großer Erfolg: 25 Millionen Spielende weltweit wurden erreicht. 2012 erschien zudem Wakfu, welches in der gleichen Welt 100 Jahre später spielt. Neben typischem Merchandise wie Plüschfiguren und Shirts erblickte hierzu auch eine Animationsserie das Licht der Welt, die über mehrere Staffeln läuft (bei Netflix verfügbar) und zudem mit einem Kinofilm gekrönt wurde.
Im Frühjahr 2013 wurde mittels Kickstarter-Kampagne ein Miniaturenbrettspiel auf Basis der MMO-Welten finanziert, welches 2014 erschien: Krosmaster Arena war geboren.
Thematisch finden die Stunden- und Minutendämonen, gefangen in einem Gebiet zwischen Zeit und Raum, ein Riss – durch den sie an die besten Kämpfer des Krosmoz (welcher überall und nirgends existiert und aus verschiedenen Universen besteht) gelangen. Diese Krieger locken die Dämonen aus Langeweile zu sich, um sie in Arenen gegeneinander kämpfen zu lassen.
Im Spiel übernehmen wir die Kontrolle über ein Team solcher Krieger – wer mit Serie und den MMOs vertraut ist dürfte einiges wiedererkennen. Aber auch ohne Hintergrundwissen kann man das Spiel genießen.
Spielmaterial
Sowohl die Grundbox von 2014 als auch die 2.0-Box von 2016 beinhalten acht Figuren, ein doppelseitiges Spielfeld, das passende Gelände aus Pappe, Marker, Würfel – eben alles was zum Spielen benötigt wird. Ein detailliertes Unboxing der zweiten Box findet ihr bei unseren Partnern von krosmaster.de.
Die Spielfelder sind allesamt liebevoll gestaltet und auf stabilem Brettspielkarton – zumindest jene in den Grundboxen und die für den Handel veröffentlicht wurden (turnierexklusive zum Teil nur auf normaler Pappe). Das Pappmaterial weiß ebenfalls optisch zu überzeugen, ist aber teils etwas fummelig zusammen zu setzen – Kleber für dauerhaften Zusammenbau ist hier anzuraten. Ein Teil der 2.0-Boxen ist zudem etwas unpassend gestanzt, so dass sich Teile nicht gerade oder zusätzliches Bearbeiten zusammensetzen lassen. Dies ist jedoch tatsächlich das einzige Manko – und es betrifft nicht einmal alle Boxen.
Positiv fällt in den Grundboxen auf, dass die Würfel nicht nur bedruckt, sondern auch graviert sind und die Plastikeinlage durchdacht und passend für das Material ist. Selbst dann, wenn man das Gelände weitgehend zusammengebaut lässt.
Höhepunkt sind jedoch die Figuren. Diese sind deutlich größer als übliche Brettspiel- oder Tabletopminiaturen und zudem bereits bemalt. Der glatte Anime-Stil wird dabei gut getroffen und so machen die Minis einen guten optischen Eindruck. Zusammen mit dem ansehnlichen und dreidimensionalen Material ist Krosmaster eines der am besten aussehenden Spiele – sofern man den Chibi-Stil mag.
Spielablauf
Auf dem Spielfeld mit 12×12 Feldern treten zwei Teams aus 3 bis 8 Figuren gegeneinander an. Jede Figur besitzt einen Levelwert von 1 bis 6, der Gesamtlevelwert der Teams beträgt 12. Dieses stellen wir im Vorfeld zusammen.
Jede Figur hat eine zugehörige Charakterkarte, die neben Bewegungs-, Lebens- und Aktionspunkten auch etwaige Sonderregeln und natürlich die individuellen Zauber auflistet. Zudem besitzt jeder Spieler sechs Gewinngroschen (GG). Sollte man zu einem Zeitpunkt des Spiels keine mehr davon besitzen, ist das Spiel verloren!
Der grundsätzliche Ablauf eines Zuges sieht so aus: Zunächst wirft der aktive Spieler zwei der speziellen Krosmaster-Würfel. Bei einem Pasch verlieren beide Spieler einen GG. Da es bestimmte Würfelseiten gibt, bei denen der Spieler eine Seite wählen kann, kann man durchaus öfters einen Pasch erreichen. Allerdings darf man sich auch entscheiden einmal neu zu werfen – dann aber mit nur noch einem Würfel. Die erwürfelten Symbole lassen sich nun Charakteren des eigenen Teams zuweisen, die dadurch bis zur nächsten Runde Sonderfertigkeiten erhalten, oder für sogenannte Kamas (Münzen) verkaufen.
In absteigender Initiative-Reihenfolge wird nun jede Figur des eigenen Teams aktiviert. Getrennte Phasen für Bewegung, Kampf etc. gibt es nicht – man kann sich also durchaus zum Beispiel bewegen, einen Angriffszauber wirken, und im Anschluss weiterbewegen. Neben Bewegung und Zauber wirken lassen sich auch die auf dem Spielplan ausliegenden Kamas einsammeln, für die man auf bestimmten Feldern die neben dem Spielfeld ausliegenden Belohnungen kaufen kann, die einmalige oder auch dauerhafte Effekte auslösen. Mehr Lebenspunkte, neue Zauber, mehr Schaden? Dies und viel mehr ist möglich. Die gekaufte Belohnung kann dabei auch jeder anderen Figur des Teams zugewiesen werden, und muss auch nicht sofort ausgelöst werden. Außerdem lassen sich auch GG’s kaufen.
Apropos GG’s: Hat eine Figur so viele Wunden erlitten, wie sie Lebenspunkte besitzt, verlässt sie das Spielfeld und der Gegner erhält GG’s in der Höhe des Figurenlevels. Der erste GG, den jemand im Spiel erhält, ist ein neutraler – jeder weitere wird vom Stapel des Gegners genommen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass eine ungerade Zahl GG’s existiert und es kein Unentschieden geben muss, wenn man bis zum bitteren Ende spielt.
Soweit die Grundlagen. Selbstredend gibt es noch diverses Gelände, welches nicht betreten werden kann oder die Sichtlinie blockiert. Neben den Belohnungen erhält das Spiel aber vor allem durch die unterschiedlichen Zauber und Sonderfertigkeiten mehr Abwechslung. Zauber haben Reichweiten und andere Einschränkungen, einige besitzen größere Wirkungsgebiete, und wieder andere bringen Sondereffekte wie den Verlust von Bewegung mit sich.
Auch die Sonderfertigkeiten sind nicht zu unterschätzen. So wird beispielsweise sowohl für Angriff als auch für Verteidigung ein Würfel geworfen. Mittels Sonderfertigkeiten können auch zwei, mitunter drei geworfen werden. Andere Fertigkeiten ziehen zum Beispiel direkt Schaden ab, verhindern zusätzliche Effekte durch Zauber oder heilen die Figur. Nahezu jede Figur hat eine oder mehrere, teils einzigartige Fertigkeiten. So spielt sich kein Spiel wie ein anders, jede Partie ist einzigartig, und dem Teambau kann auf der Suche nach den besten Kombos viel Zeit gewidmet werden.
Spieltiefe
Wie bereist angedeutet kann man schon beim Teambau einige Zeit verbringen. Über die Jahre sind 217 Figuren erschienen! Im Turnierformat sind jedoch nicht alle mehr standardmäßig spiellegal. Hat man die zunächst umfangreich wirkenden Regeln nach ein bis drei Partien inne kann man beginnen strategischer zu denken und spielen.
Das Zusammenspiel der Figuren ist dabei zum Beispiel ein wichtiger Faktor. Günstige Supporter, die einen starken Kämpfer verbessern? Mit vielen kleinen Figuren Kamas sammeln und sich mit Belohnungen aufbessern? Figuren bestimmter Zuordnungen spielen, die sich gegenseitig positive Effekte geben? Viel Bewegung und Nahkampf oder lieber Fernkampf und vielleicht Flächenschaden? Die Möglichkeiten sind immens, und gerade das Zusammenspiel ermöglicht gute Kombos. Wie beispielsweise die eigenen Figuren zu Beginn um eine Figur sammeln, die in der zweiten Runde dann alle nach vorne teleportiert, wo die weiteren Figuren dann schnell in den Nahkampf kommen – und vielleicht mit einem Charakter dabei, der fast immer einen Schaden negiert bei sich und angrenzenden Verbündeten? Es kann durchaus Spaß machen zu tüfteln. Die einzigartigen Zauber, Fähigkeiten und Effekte der Figuren schaffen eine immense taktische Tiefe.
Auch im Spiel selbst ist Strategie gefragt. Blindes nach vorne laufen und Angreifen ist nicht nur riskant, sondern oft auch tödlich. Die Besonderheiten der gegnerischen Charaktere müssen ebenso bedacht werden wie die Belohnungen – die man selbst erwerben möchte, die der Gegner erworben hat und die noch im Stapel sein könnten. Entsprechend muss man im laufenden Spiel reagieren auf das, was stattfindet und kann nur schwer ein geplantes Vorgehen einfach 1:1 abspielen.
So wirkt das Spiel dank der niedlichen Optik zwar für einige zunächst wie ein Kinderspiel – die Spieltiefe und strategischen Möglichkeiten zeigen jedoch schnell, dass es sich um ein echtes Strategiespiel handelt, welches sich nicht hinter „echten“ Tabletops verstecken braucht – ganz im Gegenteil!
Turniere und Community
Grundsätzlich lässt sich Krosmaster Arena einfach mit einer Grundbox zuhause spielen: Die Figuren auf zwei Team verteilen und losspielen. Auch mit Erweiterungen lässt sich das Spiel privat gut spielen, aber ebenso ist das System auch turniergeeignet.
Zu besten Zeiten gab es nahezu jedes Wochenende ein Turnier, und auch größere Events wie internationale Qualifikationsturniere zur Weltmeisterschaft oder nationale Meisterschaften fanden statt. Dies ist jedoch zuletzt immer weniger geworden – mangelnde Promotion, Support und Community-Unterstützung seitens des Verlags werden oft als Kritikpunkte genannt. Tatsächlich war 2019 das erste Jahr, in dem es keine Neuerscheinungen für das Spiel gab – was zusammen mit mangelnder Unterstützung durch den Verlag zu einem Verlust an Spielenden führte. Es besteht jedoch Hoffnung – neue Figuren erscheinen in Kürze.
Sollte man auf eines der wenigen Turniere gehen wollen, sollte man sich das von der Community erstellte Master Reference Document gut ansehen – dort finden sich alle wichtigen Infos bezüglich Regel-Klarstellungen, Formaten und Balancing-Anpassungen. Letzteres macht das Dokument auch für Nicht-Turnierspieler lohnend. Die aktuelle Version ist bei den Dateien in der deutschen Facebook-Community-Gruppe verfügbar.
Apropos Community: Diese hat sich schon oft als gute Anlaufstelle für Neulinge erwiesen. Nicht nur, um günstig an Figuren und Zusatzmaterial zu kommen – auch bei Regelfragen wird gerne geholfen. Und auch auf Turnieren wird ein einladender und hilfsbereiter Umgang mit Neuen gepflegt. Weitere Infos, Links und Berichte über Turniere und mehr sind zudem auch auf der deutschen Communityseite krosmaster.de zu finden. Auch spezielle, inoffizielle Promokarten und Spielpläne wurden von der kreativen Spielerschaft gebastelt.
Daten & Sonstiges
Das Grundspiel ist nicht mehr regulär beim Verlag erhältlich – weder die deutsche Version von Pegasus noch die englische oder französische Ausgabe von Ankama. Über den Sekundärmarkt ist das Spiel weiter verfügbar.
- Verlag: Ankama, Pegasus Spiele
- Autor: Matthieu Berthier
- Erscheinungsjahr: 2016 (2.0), 2014 (1. Grundspiel)
- Sprache: je nach Ausgabe – u.a. Deutsch, Englisch
- Spieleranzahl: 2
- Alter: 12+
- Spieldauer: 30 – 60 min
- Preis: ca. 60,00 EUR (ursprünglicher Neu-Preis)
Via Google lassen sich die Anleitung als PDF sowohl in Englisch (bei amazon) als auch in Deutsch (bei spielen.de) finden. Neben den zuvor genannten Community-Anlaufstellen ist auch die offizielle Seite des Spiels einen Besuch wert.
Auf der Webseite Board Game Arena lässt sich Krosmaster Arena – wie auch viele andere Spiele – digital spielen. Und das direkt im Browser! Zuvor gab es bereits eine digitale Version vom Verlag, die später von einer 3D-animierten-Version als Download abgelöst wurde – bevor auch diese eingestellt wurde, zugunsten der Board Game Arena-Version.
Erweiterungen und Ableger
Neben den Grundspielen sind viele Erweiterungen erschienen – teils in Boxen mit festgelegten Figuren, teils in Boostern. Die Verkaufspolitik der Booster war dabei jedoch immer fair: Jedes Display enthielt alle Commons einmal und die Hälfte aller Rares. Da man Rares nur einmal, Commons aber zweimal im Team haben darf reichen für ein Playset im Idealfall zwei Displays – und doppelte Rares konnte man gut tauschen innerhalb der Community.
Neben den bislang sechs Seasons (32 Figuren in den ersten beiden, danach 16) wurden auch drei Duel-Packs (mit je 2 Figuren) und drei thematische Sets mit je sechs Figuren veröffentlicht. Hinzu kommen drei Erweiterungen mit neuem, doppelseitigem Spielplan und Sonderregeln, von denen zwei ebenfalls eine neue Figur mitbrachten. Weitere Spielpläne gab es exklusiv für Turniere, wo man sie neben 3D-Gelände aus Resin, farbigen Würfeln, 3D-Tokenfiguren und Promofiguren (wie alle Krosmaster-Figuren bereits bemalt) zuweilen auch gewinnen konnte. Vieles davon ist heute preisgünstig über aktive Community-Spieler zu erhalten, die viele dieser Promo-Sachen über die Zeit zigmal ihr Eigen nennen konnten.
Eine gute Übersicht aller Figuren mitsamt ihrer Profilkarten gibt es auf der Seite krosfinder.com (mit Ausnahme der sechsten Season, die dort leider nur unvollständig ist).
Auch einige eigenständige Spiele sind erschienen:
-
Krosmaster Junior sollte eine einfachere Version mit kleinerem Spielfeld sein, welche für Kinder konzipiert wurde.
- Krosmaster Quest, ein klassischer Dungeon-Crawler – als Besonderheit konnten hier alle Krosmaster-Figuren als Helden gespielt werden.
- Boufball, ein Fantasy-Football-Spiel, welches gegenüber der Konkurrenz mit einfacheren Regeln und festgelegten Teams punkten wollte.
Alle drei Ableger beinhalteten exklusive Figuren, die dank begleitender Karte auch bei Krosmaster Arena eingesetzt werden konnten.
In Kürze erscheint das erste Krosmaster-Spiel, welches seit Arena 2013 mittels Crowdfunding finanziert wurde: Krosmaster Blast will mit leichterem Einstieg, weniger Figuren und schnelleren Partien überzeugen. Alle Figuren für das neue Spiel erhalten auch wieder Karten für den Einsatz bei Arena und bilden so die Season 7, die zudem auf Boosterboxen verzichtet.
Fazit
Krosmaster Arena steckt derzeit in einem Tief, nach über einem Jahr ohne Neuerscheinungen. Bald jedoch erscheinen viele neue Figuren, was möglicherweise wieder zu mehr Turnieren führt. Aber auch ohne kompetitives Spiel wird einiger Spielspaß geboten. Bereits mit einer Grundbox kann man zu zweit einige Zeit verbringen, und mit mehr Spielplänen und Figuren – günstig über die Community erhältlich – kann man umso mehr Zeit verbringen. Das herausstechende, schöne Material erschafft zusammen mit dem strategischen und facettentreichen Gameplay ein besonderes Spiel, welches klar zu empfehlen ist – Turniere oder nicht, vollständige Sammlung oder nur ein paar Figuren – Spaß macht es allemal! Wer taktische Spiele mag und dem Chibi-Stil nicht abgeneigt ist sollte einen Blick wagen und sich ebenso wie wir verzaubern und begeistern lassen.
Titelbild: Ankama
Artikelbild: Pegasus Spiele
Fotografien: Team Fresssack