Brett-/Kartenspiel,  Reviews

Review: Disney Villainous – endlich auf der bösen Seite spielen!

Das letztes Jahr erschienene Villainous will Spieler ab 10 Jahren mit einem asymmetrischen Gameplay und dem Spielen verschiedener Bösewichte aus Disney-Welten begeistern. Klingt gut, aber wie viel Spaß macht es tatsächlich?

Dieses Spiel wurde privat finanziert. Es gehört daher nicht zu unserem Fundus an Spielen, welche wir auf Events supporten.

Thematik

„Böse ist das neue Gut“ heißt es auf der Verpackungs-Rückseite, und ganz in diesem Sinne übernimmt jeder Spieler die Rolle eines Disney-Schurken. Jeder Spieler hat dabei sein eigenes Spielmaterial, so dass man in dem kartenlastigen Spiel ausschließlich passende Elemente zum gewählten Charakter hat. Schönerweise verfolgen diese alle unterschiedliche, stimmige Ziele.

Villainous – ein gutes, böses Spiel?

Zur Auswahl stehen:

  • Käpt’n Hook (aus Peter Pan): hat das Ziel, Peter Pan auf der Schiff Jolly Roger zu besiegen.
  • Malefiz (aus Dornröschen): hat das Ziel, in jedem Bereich ihres Reichs wenigstens einen Fluch zu haben.
  • Dschafar (aus Aladdin): hat das Ziel, die Wunderlampe im Sultanpalast zu haben und zudem Dschinni unter Hypnose zu haben.
  • Ursula (aus Arielle, die Meerjungfrau): hat das Ziel, Dreizack und Krone in ihrer Höhle zu haben
  • Prinz John (aus Robin Hood): hat das Ziel, 20 Machtchips (= Vermögen) zu besitzen.
  • Herzkönigin (aus Alice im Wunderland): hat das Ziel an jedem Ort ein Krockettor zu besitzen und dann einen erfolgreichen Abschlag auszuführen

Spielmaterial

Die sechs Spielfiguren

Zu jedem Schurken gibt es ein eigenes kleines, ausklappbares Spielbrett, welches den Charakter und dessen Spielziel sowie vier Orte anzeigt. Nettes Detail: Zusammengeklappt sieht man statt der Orte (die ja zugeklappt sind) ein Zitat aus der Vorlage. Hinzu kommt eine grobe, stilisierte Figur aus farbigem Plastik und zwei Kartendecks – einmal Bösewichtkarten (worin unsere Handlanger etc. zu finden sind – 30 Karten je Schurke) und einmal Schicksalskarten (worin beispielsweise unsere Feinde, die Helden sind – 15 Karten je Schurke). Die Karten sind mit passenden Bilder aus den jeweiligen Vorlagen ausgestattet.

Vorderseite des Info-Flyers zum Bösewicht Hook

Zusätzlich gibt es zu jedem Charakter einen kleinen Falzflyer, der erklärt wie das Spielziel zu erreichen ist und welche Besonderheiten wir in unseren Kartenstapeln vorfinden. Überaus hilfreich, wenn man das erste Mal (den Charakter) spielt. Hieran könnten sich andere Hersteller gerne ein Beispiel nehmen. Die obligatorischen Karten mit Symbol-Erläuterungen gibt es natürlich auch.

So sieht Ordnung im Karton aus!

Zuletzt sind noch einige stabile Pappmarker enthalten und einen Plastik-Kessel, in dem für alle griffbereit die Machtchips sein sollen. Dieser Kessel ist aus ziemlich dünnen Plastik – die einzige Komponente die negativ auffällt.  Er ist jedoch ausreichend stabil um seinen Zweck zu erfüllen, und da er auch nicht notwendig ist sollte dies kein Argument gegen das Spiel sein.

Übrigens hat die Plastikeinlage für alle Komponenten Platz und verstaut sie sicher – ein weiterer lobenswerter Punkt. Lediglich wenn man die Karten in Standard-Poker-/TCG-Größe sleeven will würde es Probleme bezüglich der Höhe der Kartenstapel geben.

Spielablauf

Aufbau

Spielbereit ist man extrem schnell: Kessel in die Mitte, Machtchips rein. Jeder Spieler wählt einen Bösewicht, legt dessen Spielfeld vor sich aus, platziert die Spielfigur auf den ersten Ort von links und legt beide zugehörigen Kartenstapel an die Seiten des Spielfelds. Vor der ersten Runde zieht nun jeder vier Karten von seinem Bösewichtstapel, und schon kann es losgehen.

Spielerzug

Spielfelder von Malefiz und Hook

Zu Beginn des eigenen Zuges muss man sein Spielfigur auf ein anderes Feld (= einen anderen Ort) auf seinem Spielfeld bewegen. Stehen bleiben ist nicht erlaubt!

Auf jedem Ort finden wir üblicherweise vier Symbole vor, die jeweils Aktionen repräsentieren. Die angegebenen Aktionen können wir dabei in beliebiger Reihenfolge ausführen – müssen jedoch nicht. Folgende Aktionen gibt es:

  • Machtchips erhalten: Man erhält so viele Machtchips, wie mittels Zahl angezeigt wird. Die Chips werden benötigt um die Kosten für das Ausspielen von Karten zu bezahlen.
  • Eine Karte ausspielen: Eine Karte von der Hand spielen. Im Bösewichtstapel gibt es normalerweise drei Arten von Karten, die wir mit dieser Aktion spielen können: Handlanger, die Figuren darstellen und einen Stärkewert besitzen; Gegenstände, die teils als Ausrüstung an Figuren gespielt wird, teils aber auch für sich selbst ausliegen kann; Ereignisse, deren Effekt einmalig abgehandelt und die hiernach abgelegt werden. Gegenstände und Handlanger werden üblicherweise an einen Ort im eigenen Spielfeld gelegt.
  • Eine Fähigkeit aktivieren: Einige Gegenstände haben Fähigkeiten, die spezifisch über so eine Aktion ausgelöst werden können.
  • Schicksal: Von einem gegnerischen Schicksalskartenstapel zwei Karten ziehen und eine davon sofort abhandeln. Neben Ereignissen und Gegenständen sind hier auch Helden zu finden, die als Gegenstück zu den Handlangern dienen. Das Fiese ist jedoch, dass Helden nicht einfach bloß an einem Ort liegen – nein, sie decken die oberen beiden Symbole ab, so dass diese nicht mehr aktiviert werden können.
  • Einen Helden besiegen: Wenn wir an einem Ort mindestens soviel Stärke durch Handlanger (und evtl. Gegenstände) haben wie die Stärke eines Helden am gleichen Ort, können wir diesen besiegen. Alle dafür eingesetzten Karten werden ebenso wie der Held abgelegt.
  • Einen Gegenstand oder Handlanger zu einem anderen Ort ziehen: Die entsprechende, gewählte Karte wird von einem zu einem anderen Ort verschoben.
  • Einen Helden zu einem anderen Ort bewegen: Die Karte wird von einem zu einem anderen Ort bewegt.
  • Karten abwerfen: Eine beliebige Zahl Karten abwerfen. Sinnvoll, wenn man einige Karten gerade nicht gebrauchen kann oder bestimmter Karten aus seinem Deck ziehen will – denn am Ende des Zuges zieht man so viele Karten nach, bis man wieder vier Handkarten besitzt.
Die verschiedenen Kartenarten am Beispiel von Kapt’n Hook – oben Schicksals-, unten Bösewichtkarten

Des Weiteren gibt es noch eine Kartenart im Bösewichtstapel: Bedingungen. Diese werden als einzige in gegnerischen Zügen gespielt – sobald die auf der Karte genannte Bedingung erfüllt ist, kann sie gespielt werden und der angegebene Effekt wird abgehandelt.

Durch die Option, Schicksal bei Gegnern zu spielen, kann man anderen ganz schön in die Quere kommen – meist denen, die gerade am nächsten an ihrem Ziel sind. Das hat dann schon etwas vom Munchkin-Spielgefühl, ohne dabei solche Ausmaße anzunehmen.

Da alle Bösewichte unterschiedliche Mechanismen auf ihren Karten haben, spielen sie sich tatsächlich unterschiedlich und es macht Spaß alle auszuprobieren.

Während des Spiels als Herzkönigin

So hat beispielsweise die Herzkönigin Handlanger, die sie zu Krockettoren umwandeln kann. Sie besitzt außerdem Karten, mit denen sie Helden schrumpfen kann – wodurch diese nur noch eines statt zwei Symbole verdecken.

Ursula dagegen kann gar keine Helden mittels Aktion besiegen – sie kann jedoch Knebelverträge an diese vergeben. Diese werden danach besiegt, indem sie mit Knebelvertrag an einen bestimmten, genannten Ort verschoben werden.

Manchmal gar nicht einfach, denn einer der vier Orte ist immer mittels Schloss gesperrt, welches nicht entfernt werden kann – jedoch mittels Ereigniskarten verschoben.

Das jedoch alles über Karten läuft, und die meisten Bösewichte bestimmte Karten aus ihren Stapeln benötigen um zu siegen (oder teils auch um einen der vier Orte überhaupt bespielbar zu machen), ist man eben auch von diesen sehr abhängig. Wer gut zieht, hat es leicht – wer schlecht zieht ist nahezu chancenlos.

Spielende

Sobald ein Bösewicht sein Ziel erfüllt hat endet das Spiel. Schönerweise sagen die meisten Siegbedingungen, dass das Ziel zu Beginn des Zuges erfüllt sein muss – was natürlich bedeutet, dass man eine Runde durchhalten muss nachdem man alles dafür bereit hat.

Daten & Sonstiges

Daten gemäß Angaben des Herausgebers:

  • Verlag: Ravensburger Spieleverlag und Wonder Forge
  • Autor: Prospero Hall
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Spieleranzahl: 2 – 6
  • Alter: 10+
  • Spieldauer: 20 min je Spieler
  • Preis: 49,99 EUR

Das Spiel hat die diesjährigen Toy of the Year Awards (USA) in der Kategorie Spiel gewonnen.

Die Anleitung gibt es online als PDF. Im Englischen gibt es bereits zwei Erweiterungen, die jeweils drei weitere Bösewichte ins Spiel bringen.

Fazit

Während des Spiels als Hook

Villainous ist ein ungewöhnliches Disney-Spiel. Es ist kein simples Kinderspiel, sondern ein Erwachsenenspiel und man darf in die Rolle des Bösen schlüpfen – spannend! Diese spielen sich dank eigener Kartenstapel, Mechanismen und Ziele tatsächlich unterschiedlich und haben so alle ihren eigenen Reiz. Das hochwertige Material trägt sein Übriges zum guten Eindruck bei.

Mit der Möglichkeit mittels Schicksalskarten seinen Mitspielern ordentlich in die Quere zu kommen hat man auch eine gewisse Interaktion und kann mitunter verhindern, dass ein einzelner Spieler zu schnell die anderen abhängt. Ganz verhindern kann man es jedoch nicht, und wer recht schnell die benötigten Karten zieht ist klar im Vorteil – der Glücksfaktor spielt eine ziemliche Rolle. Wer damit leben kann erhält ein stimmiges, spaßiges Spiel dass in erster Linie Familienspielern gefallen dürfte – aber auch Vielspieler könnten Gefallen daran finden.

Titelbild: Ravensburger Spieleverlag
Fotografien: Team Fresssack