Brett-/Kartenspiel,  Reviews

Review: Here to Slay – wie Munchkin, aber besser?

Mittels Crowdfunding wurde Here to Slay, das neueste Spiel des Teams hinter Unstable Unicorns, im Februar finanziert. Wir haben inzwischen einige Partien hinter uns und sind ziemlich angetan – es hat viel gemein mit Munchkin, macht aber einiges besser.

Und das sagen wir, obwohl wir Munchkin durchaus mögen – als Spielende, Sammler sowie Turnier-Judges und -Veranstalter. Warum uns Here to Slay so überzeugt und auch gegenüber der Kult-Serie glänzen kann schauen wir uns nun im Detail an.

Dieses Spiel wurde privat angeschafft. Es gehört nicht zu unserem Fundus an Spielen, welche wir auf Events supporten.

Thematik

Wir stellen eine Gruppe aus verschiedenen Klassen zusammen und kämpfen gegen Monster. Diesbezüglich kann das Spiel nicht viel mehr Thema bieten, aber das tun vergleichbare Spiele auch nicht. Stattdessen geht es einfach darum, spaßige Partien zu haben und sich in die Quere zu kommen.

Spielmaterial

Hübsch und farbenfroh ist es auf jeden Fall!

Als Unterstützer des Crowdfundings liegt uns die Kickstarter-Ausgabe vor, die etwas umfangreicher als die spätere Standard-Fassung ist (siehe unten).

Die kleine Box macht direkt einen guten Eindruck dank Magnetverschluss. Cool! Im Inneren finden sich neben zwei hübschen sechsseitigen Würfeln vor allem Karten: 9 Party Leader und 15 Monster in Übergröße sowie 136 Karten in Standard-/Poker-Größe. Dieses „Main Deck“ teilt sich wiederum auf verschiedene Kartentypen auf, die im Spiel unterschiedliche Funktionen haben: Heros, Magic, Items, Modifier und Challenges

Gespart wurde allerdings bei Material: die Karten fühlen sich alle eher dünn und vor allem weich an. Da ist man leider Besseres gewohnt!

Klein, aber aufgeräumt

Zumindest an Übersichtskarten als Spielhilfe wurde gedacht. Das Inlay der Box dagegen wirkt grundsätzlich gut: sowohl für die beiden hübschen Würfel als auch für die Karten gibt es Slots – ausreichend groß um auch gesleevte Karten problemlos zu vertrauen.

Für die Einzelteile des beiliegenden Würfelturms gibt es dagegen keinen festen Platz. Generell ist dieser nett, aber auch nicht umwerfend und ein wenig wackelig. Da wären mehr Promo-Karten ein schöneres Extra für die Backer gewesen.

Auch die Anleitung fällt nicht so positiv auf: sie ist lediglich ein schmuckloses Faltblatt. Das ist zwar ausreichend, bei einem an sich so hübschen und bunten Spiel fällt dies aber eben direkt auf. Und dies ist auch eines der Vorzüge von Here to Slay: Das Artwork ist grandios. Unglaublich niedlich, aber auch stimmig. Der Stil entspricht dabei dem von Unstable Unicorns. Schade, dass die Karten abseits der Charaktere eher schlicht sind, was insbesondere die Modifier- und Challenge-Karten optisch langweilig macht.

Der Kickstarter-Würfelturm

Unterschiede zwischen Kickstarter– und Retail-Fassung: Die Standardausgabe wird in einer anderen Box sein und zudem etwas weniger Inhalt bieten. Lediglich sechs statt neun Party-Leader (was dank der Option Party-Leader online zu erstellen nicht schlimm ist), kein Würfelturm und weniger Karten: Statt 136 finden sich nur 115 im Main Deck. Von jeder Kartenart gibt es etwas weniger, beispielweise für jede der sechs Klassen eine*n Held*in weniger. Zwei spezielle Figuren mit einer einzigartigen Klasse gibt es zudem nur in der Kickstarter-Box. Da wir jedoch nie mehr als 2/3 der Karten in einer Partie benötigt haben sollte auch mit der Handelsfassung ausreichend Inhalt und Spielspaß geboten sein.

Spielablauf

Aufbau

Main Deck und Monster werden gemischt und als separate Stapel beiseite gelegt. Drei Monster werden nebeneinander ausgelegt – nur diese drei können angegriffen werden. Reihum wird ein Party-Leader ausgesucht, oder alternativ zufällig verteilt, sowie fünf Karten des Main Decks an jeden ausgegeben.

Party-Leader (oben) und Monster (unten)

Die Party-Leader gehören jeweils einer der sechs Klassen an (Fighter, Guardian, Ranger, Thief, Wizard oder Bard). Sie zählen jedoch nicht zu den Heros. Neben einer Klasse besitzen alle eine besondere Fähigkeit, die beispielsweise Würfelwurfe verändert oder unter bestimmten Umständen Karten ziehen lässt.

Auch die Monster besitzen Fähigkeiten – diese werden jedoch erst aktiv, wenn eines besiegt wurde und damit in die eigene Auslage kommt. Ab diesem Zeitpunkt sind sie genauso, als würden sie zum Party-Leader gehören. Die Monster-Fähigkeiten können dabei ziemlich stark sein – beispielsweise einen zusätzlichen Aktionspunkt je Runde. Da man davon nur drei besitzt, erhöht dass die eigene Handlungsfähigkeit um starke 33 % !

Spielerzug

Magic (oben), Items (Mitte), Challanges und Modifier (unten)

Mit den erwähnten drei Aktionspunkten kann man bestimmte Aktionen ausführen – beliebig oft, solange genügend Aktionspunkte vorhanden sind. Für einen kann man eine Karte vom Main Deck ziehen oder eine Karte von der Hand spielen. Magic wirkt dabei sofort und landet danach auf dem gemeinsamen Ablagestapel; Items werden an ausliegende Heros gespielt und gewähren bestimmte Boni die auf der Karte stehen – außer sie sind verflucht und haben negative Effekte. Diese besonderen Items spielt man aber auch nicht an eigene Figuren, sondern die der anderen.

Ebenfalls für einen Aktionspunkt kann man einen Hero ausspielen – man darf beliebig viele haben. Alle Heros besitzen dabei auch eine Klasse, wie der Party-Leader, und zudem eine aktivierbare Fähigkeit. Diese ist jedoch an einen erfolgreichen Wurf gekoppelt: Mit 2W6 muss das angegebene Ergebnis erreicht oder übertroffen werden, was je nach Stärke der Fähigkeit entsprechend schwerer ist. Mit dabei sind aber viele tolle Sachen, wie leichtere Würfe für den restlichen Zug, das Klauen von Handkarten anderer Spieler oder sogar das Zerstören oder Klauen anderer Helden – man kann also ordentlich gemein sein.

Heros – alle sind einzigartig

Beim Ausspielen eines Helden darf man sofort für die jeweilige Fähigkeit würfeln – bei ausliegenden Helden kostet ein Wurf einen Aktionspunkt. Diese und auch alle anderen Würfe können nicht nur durch Fähigkeiten verändert sein, sie können auch aktiv modifiziert werden mit Modifier-Karten. Diese bieten positive oder negative Modifikationen, oft sogar beides zur Auswahl. Das Ausspielen erfolgt nach dem Wurf und kostet keine Aktionspunkte. Allerdings steht es allen frei, den Wurf von jemanden zu modifizieren – gerade in diesen Momenten erinnert das Spiel sehr an Munchkin (wer kennt es nicht, das ewige und spannende Hin- und Her?).

Zudem ist es möglich, das Ausspielen einer Karte zu verhindern, indem man die ausspielende Person mit einer Challenge-Karte herausfordert. In dem Fall wird ein vergleichender Wurf gemacht, und bei Gleichstand oder höher gewinnt der Challenger – die auszuspielende Karte landet direkt auf dem Ablagestapel. Der Aktionspunkt ist natürlich dennoch verbraucht.

Das sieht gar nicht schlecht aus als Starthand!

Auch zum Angreifen eines Monsters wirf gewürfelt – in der Regel muss ein bestimmter Wert ge- oder übertroffen werden. Unter einem bestimmten Wert gibt es jedoch eine Rache des Monsters, wodurch man beispielsweise eigene Helden zerstören muss. Autsch! Da man auch diese Würfe modifizieren kann lohnt es sich oft ein wenig zu warten und Modifier-Karten aufzuheben.

Jedes Monster hat außerdem Voraussetzungen, die man erfüllen muss um angreifen zu dürfen – wie bestimmte Klassen, eine gewisse Anzahl Heros oder eine Mischung hieraus. Besiegte Monster gehen in den eigenen Spielbereich und gewähren fortan ihre Fähigkeit; vom Stapel der restlichen Monster wird ein Neues gezogen und auf den frei gewordenen Platz gelegt.

Und wenn man so gar nichts sinnvolles machen kann, darf man für drei Aktionspunkte seine gesamte Hand ablegen und fünf neue Karten ziehen.

Spielende

Sechs verschiedene Klassen – gewonnen!

Sobald jemand sechs unterschiedliche Klassen (inklusive Party-Leader) ausliegen hat, ist das Spiel vorbei – die Truppe ist vollständig. Alternativ gewinnt man, indem man drei Monster besiegt hat – was wesentlich häufiger vorkommt. Durch viele gemeine Karten können (und werden!) Heros oft zerstört, was bei Monstern dagegen nicht passiert – einmal besiegt, bleiben sie quasi unantastbar in der eigenen Auslage. Dadurch gibt es einen sicheren Fortschritt – ganz im Gegensatz zu Munchkin. Aber auch ein Team aus sechs Klassen ist schneller erreicht als Level 9 oder gar 10 beim Genre-Primus.

Hierdurch ergibt sich der größte Vorzug gegenüber der Konkurrenz (abgesehen vom Artwork): Ewig lange Partien sind ausgeschlossen, statt zwei Stunden spielt man 30 Minuten, und selbst wenn die Runde mies war – die nächste steht schon an und ist schnell am gleichen Abend gespielt.

Daten & Sonstiges

Daten gemäß Angaben des Herausgebers:

  • Verlag: Unstable Unicorns / TeeTurtle
  • Autor*in: Keine Angabe
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Englisch
  • Spieleranzahl: 2 – 6
  • Alter: 10+
  • Spieldauer: 30 – 60 min
  • Preis: ca. 25 EUR

An einem Abend mit zwei Spielenden haben wir mit Erklären der Regeln nur knapp 60 Minuten für drei Partien benötigt. Wir würden die Zeitangabe, je nach Gruppengröße und Spielverlauf, eher auf 20 bis 45 Minuten schätzen.

Auch die Monster machen optisch was her

Neben diversen Extras wie Spielmatten, Acryl-Aufstellern und Würfeln gab es beim Crowdfunding auch zwei kleine Erweiterungen als Add-On, die nicht in den Handel kommen sollen.

Auf dem Unstable Unicorns-Wiki kann man sich unter anderen die Preview-Anleitung des Kickstarters sowie die einzelnen Karten ansehen.

Wie schon erwähnt, kann man sich online eigene Party-Leader zum Ausdrucken erstellen. Hierzu kann man – einen kostenfreien Account vorausgesetzt – schnell Klasse und Fähigkeit auswählen, dazu einen Namen vergeben und aus den 186 (!) Artworks auswählen. Alternativ kann auch ein eigenes Bild hochgeladen werden. Wirklich eine tolle Sache! Die erstellten Leader können dann mit der Community geteilt werden – hierdurch stehen entsprechend auch viele Fan-Kreationen zum Download zur Verfügung.

Fazit

Nicht nur die Optik macht Lust auf eine weitere Partie

Here to Slay hat viel gemeinsam mit Munchkin: Monster besiegen, mit Karten Werte verändern, und vor allem gemein zu den anderen sein und sich in die Parade fahren. Der Illustrationsstil ist aber ganz anders – je nach Geschmack besser – und das Spiel viel schneller: Rund 30 Minuten dauert eine Partie, kurz genug für eine oder mehrere Revanchen am gleichen Abend. Here to Slay schafft zudem hervorragend den Spagat aus den Mitspielenden etwas kaputt machen und unangreifbarem Fortschritt – toll!

Nicht zuletzt ist durch die vielen einzigartigen Heros und ausreichenden 15 Monster einiges an Wiederspielwert drin – mindestens zwei Partien um jede Karte gesehen haben, aber durch das diverse Zusammenspiel der Karten dürfte auch langfristig wohl kaum Langeweile aufkommen. So konnte das Spiel dank simpler, eingängiger Regeln sowohl Gelegenheitsspieler als auch durch taktischem Abwägen und Abwechslung Vielspieler bei uns überzeugen. So kann man abschließend sagen: Rundum gelungen und empfehlenswert, nur die Karten hätten ein wenig dicker sein dürfen – in Anbetracht des Spielspaß aber ein verkraftbarer Mangel.

Titel-/Produktbild: Unstable Unicorns
Fotografien: Team Fresssack